Harald Effenberg gab glanzvolles Gastspiel im Kabarett „Obelisk“
Wer heutzutage als Witzerzähler auftritt, schießt oft ins Blaue hinein und feiert sich selbst für seine sporadischen Brüller. Nicht so Harald Effenberg am Freitagabend im Obelisk-Theater. Der Kleinmachnower Schauspieler und Kabarettist hat sein Repertoire sortiert und in Rubriken geordnet und beginnt sein berüchtigtes und stets aktualisiertes Programm „Unter aller Sau“ mit anspruchsvollen Witzen über Professoren, Lehrer oder Ingenieure. Denn er hält sich an den Hauptsatz der Witzdynamik, wonach das Niveau anfangs so hoch wie möglich sein muss. Haue er sofort Zoten heraus, so Effenberg, wolle man nichts anderes mehr hören. Und so dauert es ein Weilchen, ehe er bei den Polizistenwitzen angelangt ist und hernach von Blondinen erzählt, die ihren Schminkspiegel für einen Führerschein halten. Das Publikum ist da schon längst aufgetaut, anderthalb Stunden lang hört es nicht auf, lauthals zu lachen.
Dass Effenberg an diesem Abend nicht einen Durchhänger hat, liegt sicher daran, wie er Witze erzählt. Einst war es Dieter Hallervorden, dessen Sketchpartner Effenberg seit 1995 ist, der dieses Talent bei seinem Kollegen entdeckte und ihm just vorschlug, damit aufzutreten. Bühnensicher imitiert Effenberg zwar häufig die vielen Opfer seiner Ulkattacken, seien es Sozialpädagogen, besoffene Bauern oder rollige Nonnen. Doch verzichtet er darauf, in faxenhafter Überdrehtheit herumzuhampeln, offenkundigen Unsinn über sich zu berichten und dann auch noch seine eigenen Pointen herbeizulachen.
Ganz ruhig steht er stattdessen im schwarzen Anzug, weißen Hemd und mit weinroter Fliege auf der Bühne, blickt freundlich wie ein Theologe durch seine randlose Brille und erzählt mit leiser bedächtiger Stimme von geilen, Rosenkränze betenden Papageien, beinlosen Hunden oder pupsenden Omas. Hinzu kommt, dass Harald Effenberg nicht nur ohne Scheu viel belachte Witze über Ossis und Wessis oder etwa Sachsen und Berliner reißen, sondern in kurzweiliger Dozentenart auch die Welt der Witze erklären kann. So erfahren die Gäste in kleinen Exkursen, dass das Lachen ein Akt der Kommunikation ist und man deshalb gern zusammen über andere Gruppen lacht, um das eigene Wir-Gefühl zu markieren. Auch dass Witze nicht erfunden werden, sondern meist durch die etliche Male abgewandelte Weitergabe von Informationen entstehen, erläutert Effenberg anhand einiger Arztwitze, die alle den gleichen Anfang haben, bevor sie sich oft unterhalb der Gürtellinie, jedoch in völlig unterschiedlichen Gebieten ansiedeln.
Dort ist auch Harald Effenberg inzwischen angekommen, im finsteren weiten Tal der politisch unkorrekten, nicht jungendfreien, sexistischen und schweinischen Witze. Die Gäste im Saal scheinen nur darauf gewartet zu haben. Laut gackernd biegen sich einige in ihren Sitzen, als Effenberg ganz harmlos tuend ein Füllhorn deftig zotiger Herrenwitze ausschüttet und über schwarze und weiße Penisprothesen, Frauen in Gorillakäfigen oder Männer berichtet, die ihr Gemächt todesmutig in das Maul eines Alligators legen.
Ob sich der Herr der Witze an diesem Abend nun Zeit lässt, bis seine Pointen krachen oder schon mit einem einzigen Satz wie „Mathematik ist, wenn man seine Wurzel aus einer Unbekannten zieht“ Lachsalven und Spontanapplaus erntet. Stets souverän beherrscht Harald Effenberg die alte Kunst des Witzerzählens und verleiht ihr neuen Glanz.
Daniel Flügel
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